Heute beginnt für Nicole und mich ein ambitiöses Projekt und eine lange Reise – der Jakobsweg. Um es vielleicht ein wenig zu relativeren: Das erste Ziel ist von Konstanz nach Genf zu wandern. Danach gehts weiter nach Santiago De Compostella.

Um 8 Uhr und gewappnet mit grosser Vorfreude, treffen wir uns in Winterthur, um gemeinsam den Zug nach Konstanz zu nehmen. Wir starten also mit dem «Schwabenweg». Da uns das Wetter gemäss Vorhersage nicht gerade wohlgesinnt ist, beschliessen wir vorerst Märstetten anzusteuern und dann aufgrund des Wetters, der physischen Verfassung und der Motivation zu entscheiden, wies weiter geht.

Gegen 9 Uhr kommen wir in Konstanz an und machen uns auf die Suche nach dem Münster, wo der Schwabenweg startet und wo wir mit Spannung den ersten Stempel erwarten.
Leider waren wir zu früh, so dass es für uns keinen Stempel gab. Also machten wir uns stempellos auf den Weg.

Nach dem Zoll in Kreuzlingen verpassten wir plaudernd bereits fast den ersten Wegweiser. Man muss hier erwähnen, dass die Wegweisung sehr gut ist. Beinahe jede Abzweigung ist mit dem Jakobssymbol markiert oder ausgeschildert.

Der 14km lange Weg nach Märstetten führt von Konstanz über Kreuzlingen, Bernrain, Schwaderloh, Ellighausen, Lippoldswilen und Riet. Anfangs werden wir nahe der Hauptstrasse in Quartierstrassen geführt, doch nach einiger Zeit gelangen wir in Wäldchen, laufen entlang eines schönen Tobels oder durch bereits grüne oder bewirtschaftete Felder. In Bernrain besuchen wir eine wunderschöne kleine Kapelle, wo wir nebst ihrer Geschichte auch Informationen zu Pilgerherbergen finden. Eine in Tobel fällt uns auf und so schiessen wir ein Foto dieser Unterkunft.

Nicole schmerzen schon nach knapp 7km die Schuhe, und bei mir fängt ungefähr bei Kilometer 20 das Laufen an beschwerlich zu sein. Doch das noch stabile Wetter stimmt uns zuversichtlich und wir entschliessen uns durch Märstetten zu ziehen und das 16km weit entfernte Dorf Tobel anzusteuern.
Unterwegs suchen wir bereits sehnlichst und hungrig eine Feuerstelle, um die von Nicole mitgebrachten Servelats nach Schweizer Manier zu «bräteln». (Nicole könnte mit ihrer Rucksackinhalt gut und gerne eine 4-köpfige Familie zwei Tage über die Runden bringen. Hier muss man sich keine Sorgen machen zu kurz zu kommen. 🙂 ) In einem kleinen Wäldchen vor Amlikon beschliessen wir nun – voll illegal – ein Feuer zu machen und präparieren unseren Stecken, der bis zu vier Servelats tragen würde. Kaum ist das Feuer entfacht, beginnt es quer zu regnen. Wir geniessen die heisse Wurst trotzdem, oder besser gesagt, umso mehr.
Weiter geht’s dann also im «Vollschiff» und unsere Regenkleider werden arg getestet. Weder das Wetter noch unser Laufstil verbessern sich der weilen, aber unsere Stimmung lässt sich davon nicht wirklich beeindrucken. Wir lachen darüber, wie wir nach einem Halt loslaufen und wie albern wir dabei aussehen, wenn wir Hürden zu meistern haben.
Doch wie wir prophezeit haben, werden die letzten 5km zu unserer Bewährungsprobe. Wir beginnen vermehrt zu schweigen und sehen sehnsüchtig auf die grossen weissen Wegweiser, die uns darüber informieren, dass wir noch unendlich lange laufen müssen. *Zähneknirsch*

Kurz vor Tobel beschliessen wir bei der Pilgerherberge in Tobel anzurufen, ob noch Betten frei sind. Wir überfallen die Pilgereltern scheinbar – es ist auch schon nach 5 Uhr -, kriegen aber dennoch das OK. Jetzt schmerzt es nicht weniger, aber die Aussicht auf ein warmes Bett versetzt uns gleich nochmals einen EnergieSchub. Gut 20 Minuten später stehen wir vor Dorlis und Fredis Türe und blicken in zwei freundlich und fürsorgliche Gesichter.
Durchnässt und müde tanken wir nach einer warmen Dusche, neue Kraft mit einer feinen Suppe. *yammi*
Fredi gibt uns noch viele hilfreiche Tipps für den nächsten Tag und kurz nach 8 verschwinden wir in unser Zimmer und geniessen einen seligen langen Schlaf.