Ein kleines – nennen wir es Dorf – irgendwo in der Pampa. Das spezielle ist ein heiliger See in der Mitte des Dorfes. Ihm werden wahre Wunder nachgesagt. Zudem gibt es noch echte praktizierende Brahmanen. Die höchste aller Kasten, wem das Kastensystem der Inder etwas sagt.

Nun schon im Lonely Planet wird von Jungs gewarnt die Blumen verteilen. Unser Fahrer erwähnt dann auch, dass gelegentlich ziemliche Preise in Form von „freiwilligen Spenden“ eingefordert würden.

Da wir mittags ankommen und ziemlich ausserhalb übernachten, entschliessen wir uns für einen Spaziergang ins Downtown. Keine 200 Meter vom Hotel entfernt kommt dann schon das erste Motorrad angerollt und oh wunder der Fahrer bringt Blüten mit. Da er aber äusserst sympathisch daher kommt, lassen wir uns darauf ein. Wir sind beide gespannt, was passieren wird. Erst kriegen Franziska und ich eine für uns persönlich und eine weitere, um sie zum See zu bringen. Dann geschieht das Unerwartete: Der Typ fährt weg, ohne auch nur ansatzweise eine Rupie zu verlangen. Erstaunt und etwas eingeschränkt, da wir ja nun in einer Hand zwei Blüten tragen, setzen wir unseren Weg fort.

Zufälligerweise treffen wir den Blümchen-Verschenker unterwegs nochmals und er erzählt uns noch etwas über den heiligen Berg, der ebenfalls schon Menschen geheilt hat. Aber noch immer kein Wort über Geld. Wir besorgen noch etwas Wasser und treffen auf unseren Fahrer der uns dann ins Stadtzentrum bringt. Wir wollen jetzt erst zum See, um unsere von Blüten besetzten Hände wieder frei zu bekommen. Bei der Abfahrt fällt mir ein Typ auf an dem wir vorbeifahren, weil er eine Geste zum Fahrer macht. Als wir dann nach ca. 500 Metern aus dem Auto aussteigen steht der Typ von vorhin bereits da.
Nun ist klar, da hat sich eine Gruppe von ca. 4 Jungs an uns geheftet und führt uns wie zufällig zum See. Immer ein anderer der uns leitet und schön fernab der Hauptstrasse.

Dann geht alles ziemlich schnell; Am See angekommen werden wir von einem Brahmanen in Empfang genommen und gleich getrennt, da wir nicht verheiratet sind. Wir beide erfahren, dass dies ein heiliger See ist, zu welchem Pilger aus ganz Indien anreisen. Wir brauchen aber nicht ein Bad zu nehmen, es reicht wenn die Hände benetzt werden. Enttäuscht bin ich darüber nicht, denn heiliges Wasser bedeutet nicht zwingend, dass es sauber ist.

Jedenfalls darf ich ein paar Mantras aufsagen und auch eines für meine Familie. Dadurch wird unser aller Karma gereinigt. Restlos! Dass dies nicht ganz gratis sein wird, war uns schon vorher klar, aber was dann folgte erinnerte mich mehr an Syntology als an ein heiliges Ritual. Ich sollte eine Summe nennen, welche pro Familienmitglied multipliziert die geforderte Spende sein. Das wäre ja noch gegangen, aber wie dies platziert wurde, es glich mehr einer Gehirnwäsche als einem Ritual. Vielleicht eine rituelle Gehirnwäsche?
Die Spende wurde gleichgesetzt mit dem Glück, welches man seiner Familie wünscht. Grosse Spende, grosses Glück und kleine Spende, tja vermutlich war dann das Herz nicht offen genug und die Aktion würde im Nirvana für ungültig erklärt?

Mein Selbstschutz wurde dadurch aktiv und ich hab dem Priester höflich aber verständlich erklärt, dass ich mich in der momentanen Lage sehr unangenehm fühlen würde. Nach einem weiteren Versuch mit von einer ordentlichen Spende zu überzeugen, hat er wohl auch verstanden, dass es eher auf eine Null-Runde rausläuft, wenn er weitermacht wie geplant.
Dieser Geschäftssinn hat uns dann zu einer Einigung gebracht, 500 Rupien Spende + 100 für den Priester was ca. 12 CHF entspricht.
Franziska hat sich ebenfalls nicht bekehren lassen und hat denselben Betrag übergeben. Wie wir später erfahren, sind wir damit recht glimpflich davongekommen. Einem älteren Ehepaar aus den USA wurden auf die 5000 Rupien abgeknöpft.

Die Erfahrung war es allemal wert und ausserdem durften wir so Fotos machen, was normalerweise nicht erlaubt ist, wie man auf einem Bild erkennen kann 🙂
Wir haben ausserdem erfahren, dass die Spenden sinnvoll angelegt werden. Es werden mehrere Schulen damit unterstützt und es kommt auch dem Dorf zugute.
Einzig die Art und Weise wie es gehandhabt wird, ist nicht gerade von Nächstenliebe geprägt.

Das Dorf hat aber noch mehr zu bieten. Obwohl für Indien klein, scheint es ein Treffpunkt für Aussteiger aus dem Westen. Einige davon tuckern mit fetten Bikes durchs Dorf, die man hier mieten kann. Hat den Touch einer Dorf-Gang – auch wenn das Dorf bloss ca. 1 km lang ist 🙂

Kulinarisch findet man auch hier einiges angeboten. Wir bleiben bei indisch und beschliessen den Abend auf einer Dachterrasse und schmunzeln über die heutigen Ereignisse.